Mallorca ist das beliebteste Urlaubsziel der Deutschen. Dies war auch 2021 schon zu sehen. Mehr als 40.000 Menschen aus der Bundesrepublik machten sich über Ostern auf den Weg, um einige schöne Tage auf der Insel zu verleben. Es war eine surreale Zeit. Die Ostsee war tabu, aber die Balearen standen Urlaubern offen. So war es keine sonderlich große Überraschung, dass die öffentliche Diskussion in Deutschland kritisch mit den Reisenden war – um es vorsichtig auszudrücken. Bei vielen Urlaubern flog deshalb der Scham mit. Dies zeigte die am 25. April ausgestrahlte Dokumentation „Alle nach Malle?“, die beim „ZDF“ lief. Hier gestanden Reisende, dass sie niemandem erzählt hätten, dass die nach Mallorca fliegen. Aber gibt es Gründe für den Scham?
Scheinheiligkeit in öffentlichen Diskussionen
Kritiker der Mallorca-Urlauber bemängelten, diese würden das Virus nach Deutschland einschleppen und die Pandemie hierzulande verschärfen. Verwiesen wurde dabei regelmäßig auf die Gefahr der Mutanten, die auf Mallorca bereits aufgetreten seien. Die Diskussionen verlieren dabei in Teilen deutlich jenseits der Grenze des Anstands, um Scham zu erzeugen. So wurde Mallorca-Urlaubern vorgeworfen, neue Todesfälle hätten sie zu verantworten. Die Politik ging ebenfalls scharf mit den Reisenden ins Gericht. Die Urlauber waren willkommene Sündenböcke, um von den eigenen Problemen und Fehlern abzulenken.
Tatsächlich ist der ganze Vorgang aber ein Beispiel für die Scheinheiligkeit in öffentlichen Diskussionen. Die Wahrheit ist: Die Inzidenz auf Mallorca ist seit Monaten besser als die in der Bundesrepublik. In den Wochen vor Ostern war sie es sogar deutlich. Dies gilt übrigens ebenfalls für die Zeit danach. Die Regeln auf der Insel waren wesentlich schärfer als in der Bundesrepublik. Verstöße gegen die Auflagen werden deutlich härter geahndet als in Deutschland. Faktisch sind die Reisenden auf Mallorca sicherer als in ihrem Herkunftsland. Und es sind mehr die Einheimischen, die sich sorgen müssen, dass die Deutschen die Pandemie verschärfen. Solche Diskussionen gab es jedoch kaum – es sollte eine Lehre sein, auch in Krisenzeiten ehrlich zu bleiben und keine Sündenböcke zu suchen.